Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen - Verfall
BAG, Urteil vom 26.04.2022 - 9 AZR 367/21
Die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers bei der Gewährung von Urlaub beschäftigt das Bundesarbeitsgericht (BAG) auch nach der Entscheidung aus dem Jahre 2019 (Az. 9 AZR 423/16) in den unterschiedlichsten Konstellationen immer wieder.
Gegenstand der Entscheidung vom 26.04.2022 war der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, der - vorbehaltlich von zulässigen kollektivrechtlichen oder vertraglichen Vereinbarungen - das rechtliche Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs teilt.
In dem speziellen Fall hatte der Arbeitnehmer im Jahre 2017 einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt. Hierüber sowie über die noch im Jahre 2017 erfolgte Ablehnung wurde der Arbeitgeber unterrichtet. Über das sich anschließende Widerspruchs- und Klageverfahren informierte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht. Im Jahre 2019 wurde rückwirkend die Schwerbehinderteneigenschaft anerkannt.
Das BAG führt detailliert aus, dass der Arbeitgeber im Jahre 2017 Kenntnis vom Antrag des Arbeitnehmers gehabt hatte und dementsprechend seine Mitwirkungsobliegenheit hinsichtlich der Urlaubsgewährung hätte erfüllen können. Da er seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachkam, konnte der anteilige Urlaub aus dem Jahre 2017 nicht erlöschen. Von dem Verfahrensfortgang in 2018 hat der Arbeitgeber jedoch erst nachträglich in 2019 Kenntnis erlangt. In 2018 durfte er davon ausgehen, dass das Antragsverfahren erledigt war. Der Zusatzurlaub 2018 verfiel damit mit Ablauf des Kalenderjahres aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und ist nicht auf das nächste Kalenderjahr übertragen worden.
Missbräuchlichkeit eines Entschädigungsverlangens
BAG, Urteil vom 31.03.2022 - 8 AZR 238/21
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt einmal mehr, dass es auf die Gesamtschau aller Umstände ankommt. In diesem Fall gab allein das Bewerbungsschreiben eines 74-jährigen keinen Anlass von einer Missbräuchlichkeit auszugehen, aber im Zusammenhang mit den weiteren Schreiben und dem Verhalten im Bewerbungsverfahren ging das BAG schlussendlich bezogen auf den Inhalt der Stellenausschreibung davon aus, dass der Kläger sich in wesentlichen Punkten als ungeeigneter Bewerber präsentiert hat, um so die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu schaffen.
Zu beachten ist, dass nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung führt. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne von § 242 BGB vor.
Das BAG weist auch in dieser Entscheidung darauf hin, dass eine Person auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt, wenn sie mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung oder Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend zu machen.
Angebot eines Aufhebungsvertrags ohne Bedenkzeit ist zulässig
BAG, Urteil vom 24.02.2022 - 6 AZR 333/21
Eine Arbeitnehmerin erhält im Gespräch mit dem Geschäftsführer und „seinem“ Rechtsanwalt das Angebot eines Aufhebungsvertrags. Für den Fall der Ablehnung des Angebots, stellte man ihr eine fristlose Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht. Die von der Arbeitnehmerin erbetene Bedenkzeit und Besprechung mit einem Rechtsbeistand wurde abgelehnt. Die Arbeitnehmerin unterschrieb und focht den Aufhebungsvertrag an. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied letztinstanzlich zu Gunsten des Arbeitgebers:
Weder die Drohung mit der fristlosen Kündigung, noch die Drohung mit der Strafanzeige sei rechtswidrig, da ein verständiger Arbeitgeber in der gleichen Situation eine fristlose Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls war die angedrohte Kündigung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam. Aus der Beteiligung des Rechtsanwalts an dem Gespräch folgt keine andere Wertung.
Der Arbeitgeber hat auch nicht gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen. Es wurde keine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Räumt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit ein und ermöglicht keine Rücksprache mit dem Rechtsbeistand, liegt kein Verstoß vor. Die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmerin war nicht eingeschränkt. Sie konnte sich jederzeit gegen den Aufhebungsvertrag entscheiden.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer so lange festgehalten wird, bis er den Aufhebungsvertrag unterzeichnet oder der Arbeitgeber eine von ihm erkennbare körperliche oder psychische Schwäche oder unzureichende Sprachkenntnisse des Arbeitnehmers ausnutzt. In diesen Fällen kann ein unterschriebener Aufhebungsvertrag mit Erfolg angefochten werden und das Arbeitsverhältnis läuft unterbrechungslos fort.
Urlaubsreduzierung bei Kurzarbeit „0“
BAG, Urteil vom 30.11.2021 - 9 AZR 225/21
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit diesem Urteil vom 30.11.2021 bestätigt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, den Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer zu reduzieren, die im Kalenderjahr aufgrund Kurzarbeit teilweise von der Arbeitspflicht befreit waren.
Aus der Entscheidung, die bislang lediglich als Pressemitteilung vorliegt, ist zu entnehmen, dass es für eine Neu-Berechnung nur darauf ankommt, ob die betreffenden Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht an ganzen Tagen befreit waren. Für eine Neu-Berechnung müssen also folgende Voraussetzungen vorliegen:
- rechtmäßige Kurzarbeit (auf Basis einer Vereinbarung mit dem betreffenden Arbeitnehmer oder Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit)
- Arbeitsausfall an ganzen Tagen durch die Kurzarbeit ( „Kurarbeit „0“) und dadurch reduzierte Anzahl an Arbeitstagen im Kalenderjahr
Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, kann der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch bei einer 6-Tage-Woche nach folgender Formel neu berechnet werden:
24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht ./. 312 Werktage
Sofern der Arbeitnehmer lediglich regulär an fünf Tagen in der Woche tätig ist und 30 Urlaubstage im Kalenderjahr erhält, kann diese Formel für die Neu-Berechnung verwendet werden:
30 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht ./. 260 Werktage
Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit Arbeitspflicht an 5 Tagen je Woche hat grundsätzlich 260 Tage Arbeitspflicht je Kalenderjahr (5 x 52 Wochen). Wenn der Arbeitnehmer in dem Kalenderjahr 45 Tage „Kurzarbeit 0“ hatte, reduziert sich der Multiplikator auf 215 Tage Arbeitspflicht und es ergibt sich folgende Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs: 30 (Urlaubstage) x 215 ./. 260 = 24,80 Urlaubstage (statt 30).
Sofern eine Urlaubs-Neu-Berechnung vorgenommen werden soll, ist diese zwingend im jeweiligen Urlaubsjahr, also für den Urlaub 2021 bis zum 31.12.2021 vorzunehmen.
Annahmeverzug - unterlassener Zwischenverdienst - Böswilligkeit
BAG, Urteil vom 19.05.2021 - 5 AZR 420/20
Die Klage einer Arbeitnehmerin auf sogenannten Annahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 1 BGB hatte keinen Erfolg, da sie es böswillig unterlassen hat, anderweitigen Zwischenverdienst zu erzielen.
Nach einem Teilbetriebsübergang, dem die Arbeitnehmerin widersprach, bot der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin ihre frühere Beschäftigung an, um sie an den Betriebserwerber im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung zu überlassen. Dieses Beschäftigungsangebot lehnt die Arbeitnehmerin ab. Der fiktive Verdienst aus dieser Beschäftigung wurde angerechnet, so dass sie mit ihrer Klage gegen den Arbeitgeber auf Vergütung scheiterte.
Gründe, aus denen dieses Angebot unzumutbar gewesen sein soll, hat die Klägerin nicht dargelegt.
Erfolg hatte sie lediglich mit einem Teil der Klage, mit dem sie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlangte. Dieser besteht unabhängig davon, dass sie die anderweitige Beschäftigung abgelehnt hat. Auf eine möglicherweise fehlende Arbeitswilligkeit kommt es nicht an, da sie zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet war – das Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitgeber bestand wegen des Teilbetriebsübergangs und mangels Annahme des Angebots nicht; eine andere Aufgabe hatte der Arbeitgeber nicht zugewiesen.
Anwaltskostenersatz für interne Ermittlungen bei erheblichen Verfehlungen
BAG, Urteil vom 29.04.2021, Az. 8 AZR 276/20
Gemäß einem unlängst veröffentlichten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 29.04.2021, Az. 8 AZR 276/20) haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gegen einen Arbeitnehmer durchzusetzen, falls diesem schwere Verfehlungen zur Last zu legen waren und durch die nähere Aufklärung der Tat Kosten entstanden sind; dies gilt allerdings nur dann, wenn die Ermittlungen zur Überführung des die Verfehlung leugnenden Arbeitnehmers führten. Im Regelfall wird es dabei um Verfehlungen gehen, die einen Straftatbestand erfüllen, was beispielsweise beim konkreten Verdacht des „Krankfeierns“ ( = Betrug) in Betracht kommt.
Doch Vorsicht: Eine bloße Vermutung reicht nicht aus. Es müssen konkrete Tatsachen vorliegen, die einen Verdacht der schweren Verfehlung hervorriefen. Sowohl diese konkreten Tatsachen als auch die Erforderlichkeit der Kosten muss der Arbeitgeber im Schadensersatzprozess gegen den Arbeitnehmer belegen können. Bei der „Erforderlichkeit“ der Kosten spielt die Kostenhöhe eine Rolle. Mehrtägige teure Überwachungsmaßnahmen, aufwendige Laboranalysen und dergl. dürften davon im Regelfall nicht gedeckt sein.
Fremdgeschäftsführer sind keine Arbeitnehmer
BAG, Urteil vom 27.04.2021 - 2 AZR 540/20
Das BAG hat in seinem Urteil klargestellt, dass bei der Frage, ob es sich um einen Kleinbetrieb handelt oder mehr als zehn Arbeitnehmer in einem Betrieb tätig sind, Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht mit zählen.
Eine generelle Ausdehnung des Arbeitnehmerbegriffs des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Fremdgeschäftsführer einer GmbH hat das BAG ebenso abgelehnt wie die Anwendung der vom EuGH entwickelten Grundsätze zum Arbeitnehmerbegriff. Durch § 611a BGB hat der deutsche Gesetzgeber gezeigt, dass er sich von einem Arbeitnehmerbegriff hat leiten lassen, der nicht mit dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff übereinstimmt.
Der für das Überschreiten des Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat im Verfahren nicht dargelegt, dass es sich bei den Fremdgeschäftsführern um Arbeitnehmer im Sinne der Vorschrift handelt. Allein das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht genügt für die Arbeitnehmereigenschaft nicht und konkreter Vortrag zu einer Weisungsgebundenheit der Fremdgeschäftsführer, die deutlich über das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht hinaus geht, fehlte.
Rufbereitschaft als Arbeitszeit
EuGH, Urteile vom 09. März 2021 – C-344/19 und C-580-19
Immer wieder stellt sich die Frage, wann Bereitschaftszeiten als Arbeitszeiten gelten und wann sie vergütet werden.
Grundsätzlich sind Bereitschaftszeiten dann Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die Verpflichtung hat am Arbeitsplatz zu bleiben. So einfach ist es aber meist nicht.
Bei der sogenannten Rufbereitschaft gibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf, binnen einer bestimmten Frist an einem bestimmten Ort zu sein - je nach Tätigkeit auch in Arbeitskleidung mit einem bestimmten Equipment.
In den beiden Urteilen hat der EuGH nun herausgestellt, dass immer eine Einzelfallbetrachtung anzustellen ist:
Wenn die dem Arbeitnehmer während der Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie seine Möglichkeiten, seine Zeit frei zu gestalten und sich eigenen Interessen zu widmen, objektiv ganz erheblich beeinträchtigen, soll es sich um Arbeitszeit handeln. Ob Einschränkungen vorliegen, bestimmt sich u.a. nach der Zeitvorgabe, der Häufigkeit und der Dauer der tatsächlichen Arbeitseinsätze.
Annahmeverzugslohn - Auskunft hinsichtlich anderweitigen Erwerbs
BAG, Urteil vom 27.05.2020 - 5 AZR 387/19
Der Arbeitnehmer verklagte seinen Arbeitgeber nach gewonnenem Kündigungsschutzverfahren auf Zahlung der Vergütung für die Vergangenheit, sogenannter Annahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 1 BGB.
Sowohl nach § 615 S. 2 BGB als auch nach § 11 Nr. 2 KSchG muss sich der Arbeitnehmer eine Vergütung anrechnen lassen, die er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen.
Den Weg zu diesem Einwand hat das BAG den Arbeitgebern nun erleichtert:
Der Arbeitgeber hat einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf schriftliche Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Arbeitnehmer unterbreiteten Vermittlungsvorschläge unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung. Grundlage des Auskunftsbegehrens ist eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 242 BGB.
Nach Erhalt dieser Auskunft ist es Sache des Arbeitgebers Indizien dafür darzulegen, dass diese Vermittlungsvorschläge zumutbar waren und es der Arbeitnehmer böswillig Unterlassen hat, diese anzunehmen. An dem Arbeitnehmer ist es sodann den Indizien entgegenzutreten und darzulegen, weshalb es nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist bzw. ein solcher unzumutbar war.
Benachteiligung iSd AGG wg Geschlecht
BAG, Urteil vom 19.12.2019 - 8 AZR 2/19
Der Entschädigungsanspruch eines männlichen Sportlehrers wurde vom BAG im Grundsatz bejaht. Die Sache wurde nur wegen der konkret festzusetzenden Höhe der Entschädigungszahlung zurück an das Landesarbeitsgericht verwiesen.
Nach den Lehrplänen des Bundeslands Bayern hat der Sportunterricht ab der Jahrgangsstufe 5 getrennt nach Geschlechtern stattzufinden. Der Unterricht wird für die Mädchen von einer weiblichen Sportlehrkraft und für die Jungen von einer männlichen Sportlehrkraft durchgeführt.
Auf diese Lehrpläne hat sich die Beklagte gestützt als sie eine männliche Sportlehrkraft für den Sportunterricht von Mädchen an ihrer Schule nicht zum Vorstellungsgespräch einlud.
Da die Beklagte eine private Schule ist, ist sie an die Lehrpläne für staatliche Schulen nicht gebunden. Die Entscheidung enthält deswegen keine Angaben dazu, ob bereits die Lehrpläne gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen.
Das BAG führt in den Entscheidungsgründen dazu aus, dass die Beklagte mit der Nicht-Berücksichtigung eines männlichen Sportlehrers gegen das AGG verstoßen hat. Gemäß § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte die beklagte Schule im Prozess nicht darlegen. U.a. wurde nur behauptet, aber nicht dargestellt, dass das Schamgefühl der Mädchen bei der Hilfestellung im Sportunterricht durch einen männlichen Sportlehrer stärker beeinträchtigt wird als bei einer Hilfestellung durch einen weiblichen Sportlehrer. Es wurde nicht einmal dargelegt, dass eine solchermaßen relevante Hilfestellung im konkret zu erteilenden Sportunterricht überhaupt erforderlich sei und darüber hinaus - so das BAG - sei nichts zur Angemessenheit der Diskriminierung vorgetragen: Neben einer Umorganisation zur Bedarfsdeckung des nach Geschlechtern getrennten Sportunterrichts wäre auch eine durch den Sportlehrer angeleitete Hilfestellung durch andere Schülerinnen denkbar.
Im Ergebnis ist damit die Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts nicht zulässig und dem Sportlehrer steht als Bewerber ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu.